Veranstaltung: | Stadtversammlung 22. Juni 2017 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. Sonstiges |
Antragsteller*in: | Michael Mittag |
Status: | Angenommen |
Beschlossen am: | 23.06.2018 |
Eingereicht: | 06.06.2018, 16:25 |
A1: Die Grünen unterschreiben den offenen Brief gegen die Abschiebelager
Antragstext
Die Stadtversammlung beauftragt den Stadtvorstand, den von den Organisationen
Ausbildung statt Abschiebung, alveno, BI Asyl Regensburg, Helferkreis Weinweg,
Campus Asyl, Refugee law clinic Regensburg erstellten offenen Brief gegen die
Einführung und den Weiterbetrieb von Abschiebeeinrichtungen zu unterzeichnen.
Der Stadtverband ist ebenso wie die Grünen in Bayern und im Bund gegen
Abschiebelager und für faire Asylverfahren.
Begründung
Text des offenen Briefs
Was in Bayern nicht gut ist, wird im Bund nicht besser
Offener Brief gegen die bundesweite Einführung von AnKER-Zentren nach bayerischem Vorbild
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor knapp einem Jahr eröffnete in Regensburg das „Transitzentrum“ für Geflüchtete mit sogenannter „geringer Bleibeperspektive“. Im neuen Koalitionsvertrag kündigt die Bundesregierung die deutschlandweite Einrichtung von Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungszentren, kurz AnKER-Zentren, an. Die Führung des Bundesministeriums des Innern durch die CSU weckt die Befürchtung, dass das bayerische Modell der Transitzentren zur Vorlage für den Bund werden soll. Als Vereine und Organisationen vor Ort, die mit Geflüchteten zusammenarbeiten und diese unterstützen, haben wir in den vergangenen Monaten festgestellt, dass das Konzept Transitzentrum desaströs ist. Die bundesweite Einführung von AnKER-Zentren muss daher unbedingt verhindert werden.
Mit der Einrichtung von Transitzentren verfolgt die bayerische Staatsregierung das Ziel beschleunigter Asylverfahren und schnellerer Abschiebungen. Zu diesem Preis werden rechtsstaatliche und humanitäre Prinzipien missachtet. Anstelle eines kurzen Aufenthalts im Transitzentrum beobachten wir, dass die meisten Bewohnerinnen und Bewohner seit vielen Monaten dort festsitzen. Wurde bisher nach maximal sechs Monaten in einer Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) eine Umverteilung in Gemeinschaftsunterkünfte vollzogen, so ist es nun konzeptionell bedingt, dass Menschen auf unbestimmte Zeit unter schwierigsten Umständen leben müssen.
An den Bedingungen vor Ort kritisieren wir konkret: die Bewohnerinnen und Bewohner werden gezielt sozial isoliert. In einer mit Stacheldraht umzäunten ehemaligen Kaserne leben in Regensburg ca. 450 Geflüchtete zwangsweise abgeschottet, mit der Konsequenz, ihre Rechte nicht wahrnehmen zu können. Kinder und Jugendliche werden entgegen der Praxis in den EAEs, in denen sie nach drei Monaten eine Regelschule besuchen können, auf dem Gelände in Lagerschulen unterrichtet. Dies erschwert ihr Lernen massiv. Umverteilungsanträge hin zu Ehepartnern und minderjährigen Kindern werden stark erschwert. Das verstärkte Sachleistungsprinzip reduziert zunehmend die Selbstbestimmung. Es ergehen fehlerbehaftete Asylbescheide in Folge überstürzter Verfahren, über die im weiteren Verlauf überlastete Gerichte entscheiden müssen.
Grundsätzlich verhindert die zeitlich unbegrenzte Unterbringung in zentralen und abgeschotteten Unterkünften Begegnung und Austausch zwischen Geflüchteten und der Bevölkerung. Kurz: sie verhindert gelingende Integration und spaltet die Gesellschaft. Wir betrachten diese langfristige soziale Isolation als entwürdigend und als Missachtung der Menschenrechte. Die Unterbringung im Transitzentrum schürt ab dem ersten Tag Angst und Hoffnungslosigkeit bei den Bewohnern. In der Folge beobachten wir eine Zunahme von Depression und Aggression, die sich unmittelbar auf das Konfliktpotential innerhalb der Unterkunft auswirkt.
Durch die Einführung von Transitzentren unterscheidet der Staat künstlich zwischen Geflüchteten erster und zweiter Klasse. Noch vor der eigentlichen Entscheidung über ihren Asylantrag wird ihnen eine Perspektivlosigkeit auferlegt, die unmissverständlich klar machen soll, dass sie nicht erwünscht
sind. Jene, die trotz der vermeintlich „geringen Bleibeperspektive“ einen Schutzstatus erhalten, erfahren somit den schlechtmöglichsten Start in Deutschland. Einem erfolgreichen Integrationsprozess werden damit von Beginn an wertvolle Chancen genommen.
Nicht zu rechtfertigen ist, dass all dies von der bayerischen Staatsregierung ohne echte Notwendigkeit billigend in Kauf genommen, wenn nicht sogar gezielt angestrebt wird. Es wird staatlicherseits ein Ausnahmezustand suggeriert, der eine solche Unterbringungsform rechtfertigen soll. Die tatsächlich aber sinkenden Ankunftszahlen von Geflüchteten, welcher einer Verlagerung der Thematik an die EU-Außengrenzen geschuldet sind, widerlegen dies klar. Gleichzeitig gäbe es daneben ausreichend Plätze in bewährten, dezentralen Unterkünften.
Wir fordern: Transitzentren müssen abgeschafft werden und dürfen keinesfalls zur Blaupause für bundesweite AnKER-Zentren werden.
Wir schließen diesen Brief in der Hoffnung, dass andere Vereine, Organisationen und Beratungsstellen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, ebenfalls ihre Stimme erheben und sich unserer Forderung anschließen.
Grüne Position (Land)
Faire Asylverfahren von Anfang bis Ende
Asylverfahren müssen für alle Antragsstellenden fair sein. Unabhängige Verfahrensberatung und rechtliche Unterstützung müssen gewährleistet werden. Nächtliche Abschiebungen, Abschiebungen aus Schulen, Betrieben, Behörden und Institutionen und die Praxis der Abschiebehaft lehnen wir entschieden ab. Wir bayerische GRÜNE stehen für eine rechtsstaatlich faire und humanitär verantwortliche Flüchtlingspolitik. Wir setzen uns auch weiterhin entschieden für einen Abschiebestopp nach Afghanistan und in andere Kriegs- und Krisenländer ein und fordern den Bund auf, die Voraussetzungen für ein Ende der derzeitigen inhumanen Abschiebepraxis zu schaffen. Wir machen uns für einen generellen Winterabschiebestopp stark.
Immer mehr Flüchtlingsgruppen müssen in Bayern in sogenannten Rückführungs- oder Transferzentren ihr Asylverfahren ohne ausreichende Rechtsberatung durchlaufen. Transit-, Transfer- oder Ausreisezentren lehnen wir ebenso ab wie die getrennte Unterbringung nach Bleibeperspektive. Wir behandeln alle Geflüchteten menschenwürdig, ob sie dauerhaft bei uns wohnen werden oder nur bis zur Ablehnung ihres Asylantrages. Den freien Zugang unterstützender Ehrenamtlichen-Netzwerke zu allen Unterkünften fördern wir ausdrücklich. Wir achten das Kirchenasyl und beenden den bayerischen Sonderweg, der dieses faktisch abschaffen möchte. Wir fordern in diesem Zusammenhang die Einstellung aller Strafverfahren gegen Geflüchtete, Haupt- und Ehrenamtliche.
Begründung für die Stadt Regensburg
Neben den allgemein gültigen Positionen ist die Situation im Abschiebezentrum in Regensburg aktuell nicht so schlecht wie z.B. in Manching oder Bamberg. Allerdings sind schon jetzt die Äthiopier*innen seit 10 Monaten im LÖager, ohne dass es eine Aussicht auf Auflösung und Verbesserung der Situation gibt. Mit dem neuen Plan von Herrn Söder wird es in Regenburg zu einer verstärkten Belegung des Abschiebelagers kommen; es werden mehr Volksgruppen als bisher untergebracht werden. Die Gefahr der BIldung eines Kriminalitätsschwerpunkts steigt, die psychische Belastung der Geflüchtenten wächst, die Mitarbeiter*innen des Lagers werden überfordert, die Ehrenamtlichen frustriert,.....